Fremdschämen
Das Gespräch war nicht zu überhören. Wütend und laut prasselten die Worte wie Faustschläge auf den kleinen Jungen nieder. Gerade noch hatten sie zusammen Karten gespielt. "Ich spiele nicht mit einem Betrüger. Du hast mir in die Karten geschaut und eine Karte aus dem Stapel gestohlen." War es das ängstliche Gesicht des Jungen oder der laute Wutausbruch des Vaters. Ich schämte mich. "Fremdschämen" nennt man das. So etwas hinterlässt Spuren. Narben in der Seele eines Kindes, oft bis ins Greisenalter. Ich habe alte Männer erlebt, die immer noch unter Wundschmerzen aus ihrer Kindheit litten. Der Vater längst tot, doch die "Phantomschmerzen" quälen immer noch. Das Vaterbild, das Jesus uns von Gott malt, ist ganz anders. Wir werden ermutigt uns in unsere Karten schauen zu lassen, damit er uns helfen kann. Er möchte nicht, dass wir uns als Verlierer fühlen oder gar davonschleichen müssen. Er will uns den einen oder anderen Trumpf "zuspielen", damit wir gewinnen. Und wenn der Tod uns das Spiel des Lebens kaputt macht, reicht er uns die ultimative Trumpfkarte der Hoffnung. Wenn dieser kleine Junge doch nur wüßte, dass er einen Vater im Himmel hat, der nicht will, dass er "schamrot" dasitzt, sondern der möchte, dass er "strahlt vor Freude". (Psalm 34,6)




first-supper - 25. Okt, 15:44